Ostseeman #insidemyhead

Vorwort: So ein Ironman muss zwar kein einmaliges Erlebnis sein, aber der ERSTE Ironman bleibt definitiv eine einzige Erfahrung – für immer. 

Am 04. August 2019 wars soweit. Ich hab meine erste Triathlon Langdistanz (umgangssprachlich häufiger bekannt als „Ironman“) bestritten. 3,8km Schwimmen – 180km Radfahren – 42,2Km Laufen. Alles hintereinander und ja: alles an einem Tag! 😉

this idea

Der ganze Spaß begann aber eigentlich schon ca. 7 Monate vorher, am 24.12.2018.
Am Nachmittag hatte mich eine Nachricht von Märi aus Ruanda erreicht: ‚Sie denke, dass 2019 das richtige Jahr für uns wäre, endlich mal „den Ironman“ in Angriff zu nehmen.‘ (Zur Info: Mit Triathlon hatten wir beide so 2-3 Jahre zuvor begonnen – es wurde also wirklich höchste Zeit.) Im weiteren Verlauf der Nachricht teilte sie mir dann noch mit: „Also ich hab‘ mich jetzt dann auch schon angemeldet…. Weil ab morgen ist die Startgebühr 30€ teurer.“

‚OK! Was? Wirklich?! Eine Langdistanz? 180 Km Radfahren? Und dann auch noch einen Marathon laufen? Und DU hast dich schon angemeldet?‘ Das ungefähr waren meine Gedanken. Immerhin war ich zu diesem Zeitpunkt schon mehrmals so eine lange Radstrecke gefahren und hatte auch schon diverse Marathons absolviert. Aber das alles hintereinander? An einem Tag? Klar! Es war definitiv mein Ziel, irgendwann mal einen Ironman zu finishen. Aber war ich wirklich jetzt schon bereit dafür?

End of story: Ich hab‘ nicht lange überlegt und mich auch angemeldet. Kann ja auch nicht sein, dass Marie sowas vor mir und vor allem ohne mich macht! Um euch mal eine Vorstellung zu geben, was diese Anmeldung bedeutete: In erster Linie eine Abbuchung über 350€ von meinem Konto. So ein Ironman ist nämlich alles andere als ein günstiger Spaß. Und dabei haben wir uns noch einen der preiswerteren Triathlons ausgesucht…anmeldung

Wie schon gesagt, es war Heilig Abend 2018. Am Abend verkündete ich meinen Eltern, zu welcher tollen Veranstaltung ich mich angemeldet hatte. Ich hatte nicht wirklich gewusst, wie meine Eltern reagieren würden – deshalb berichtete ich ihnen bewusst auch erst NACH der Anmeldung davon. Und zurecht: sie waren alles andere als erfreut – um es mal milde auszudrücken. Vor allem, weil ich im gleichen Rutsch auch noch erwähnte, mich ab dem nächsten Jahr nur noch vegetarisch ernähren zu wollen. Meine eigenen Zweifel kamen dann auch noch in der gleichen Nacht. Ich konnte nicht schlafen, wand mich schlaflos im Bett und konnte nicht glauben, was ich da beschlossen hatte. Es ging dann soweit, dass ich noch nachts im Kleingedruckten nachlas, wie ich meine Anmeldung wieder stornieren oder das SEPA-Einverständnis meiner Bank zurückziehen konnte. Meine Recherche ergab, dass ich mich bis Anfang Mai für einer geringe Gebühr wieder vom Wettkampf abmelden konnte. Erleichterung! So konnte ich endlich schlafen und beschloss, meine endgültige Entscheidung über die Teilnahme auf Anfang Mai zu vertagen.

Im Verlauf des Winters und Frühjahrs habe ich meine Teilnahme am Ostseeman jedoch nicht mehr wirklich in Frage gestellt. Je mehr Leuten ich von meinem Vorhaben erzählte, desto mehr festigte sich mein Entschluss, das auch wirklich durchzuziehen. Und schließlich wusste ich auch: Märi und ich ziehen das zusammen durch.

Mit der Anmeldung stellte sich für mich auch die Frage: Wie trainiere ich eigentlich für so ein Event? Im Internet fand ich ein paar frei zugängliche Trainingspläne für Einsteiger. Schnell war mir aber klar, dass die meisten Pläne ein Trainingspensum verlangten, dass ich nicht realisieren konnte. Durch das bevorstehende Ende meines Studiums, dass sich bis Ende Mai hinzog, war meine Zeit zum Trainieren stark begrenzt.
Aber immerhin hatte ich für mein letztes Praktikum im Winter ein kleines Örtchen in der Schweiz auf 1500m Höhe ausgewählt – also hatte ich wenigstens für zwei Monate ein kleines „Höhentrainingslager“ mit einigen Trainingskilometern in der Loipe und konnte mit einer ganz guten Grundfitness in die Saison starten. Der obligatorische Frühjahrsmarathon lief für den geringen Trainingsaufwand ganz passabel und im Mai und Juni lief ich dann auch noch neue Bestzeiten über 10km und die Halbmarathon-Distanz.

2 more months…

Mein eigentliches Training startete dann aber erst Anfang Juni. Beschwingt durScreenshot_2019-07-13-20-27-57-411_com.miui.videoplayerch den Studiumsabschluss in meiner Tasche lagen 8 gähnend leere Wochen vor mir, die ich flexibel mit allerhand Trainingseinheiten füllen konnte. Letztendlich habe ich auch diese 2 Monate ohne Trainingsplan trainiert, hab aber versucht, den Schwerpunkt auf meine schwächeren Disziplinen Schwimmen und Radfahren zu legen. Im Nachhinein muss ich sagen, dass ich gar nicht so viel trainiert habe, wie es mir währenddessen zum Teil vorkam. Ich war ca. 2x pro Woche im Becken (oder im See) und 2 oder 3x pro Woche auDCIM100GOPROGOPR2063.JPGf dem Rad. Als sehr effektiv schätze ich aber die langen Radausfahrten ein (160km+), von denen ich fast jede Woche eine gemacht habt. Ich verlagerte einfach alle Transportwege aufs Rad und nutzte meine sozialen Kontakte um ordentlich Kilometer zu schrubben: Besuch bei der Oma, Besuch der Eltern, Heimfahrt aus Dresden, Radwandern an der Oder… An diese Zeit denke ich super gern zurück. Es war ein wahnsinnig schöner sonniger Sommer und ich habe viele Ecken und Straßen Ostdeutschlands gesehen, an denen ich sonst wohl nie gewesen wäre.

Mitte Juni stand als kleines Warm-up die Halbdistanz beim Moritzburg Triathlon auf dem Programm: meine erste Mitteldistanz. In meinem Kopf hab ich den Wettkampf als IMG_1967„Trainingseinheit“ verbucht und so war mein Ziel, bei jeder Disziplin alles rauszuballern, was in mir steckte. Das Schwimmen lief super (endlich kam ich mal im Mittelfeld aus dem Wasser), beim Radeln hatte ich gute Beine (und konnte viele auf ihren schicken Triathlonrädern überholen), nur beim Laufen hat mein Magen dann nicht mehr mitgemacht und ich bin noch etwas eingebrochen. Aber zum Glück haben ja viele Triathleten so ihre Probleme mit der letzten Disziplin, deshalb wars „over all“ dann immer noch ein gutes Ergebnis. Aber am wiIMG_2046chtigsten: im Ziel ging’s mir richtig super, ich hatte mich nicht völlig verausgabt und hatte das Gefühl: etwas länger wäre auch noch drin gewesen. Das gab mir zum einen das Gefühl, dass es möglich sein würde, den Ostseeman zu finishen und zum anderen auch jede Menge Auftrieb für die verbliebenen Trainingswochen.

Eine Woche später kam dann auch noch die Berliner Halbdistanz, die aufgrund einer Baustelle auf der Radstrecke nur als Swim&Run ausgetragen wurde. Märi und ich gingen gemeinsam an den Start und holten 2 der Podiumsplätze in unserer Altersklasse. All set!

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Die letzten Wochen im Juli waren vor allem davon geprägt, sich mit allem anderen „Kram“ auseinanderzusetzen, der neben der körperlichen Fitness für so einen Wettkampf benötigt wird. Das ist nämlich erstaunlich viel. Wie zum Beispiel: ein Neoprenanzug, diverses Fahrradequipment (ein Triathlonlenkeraufsatz, ein Trinksystem, eine Luftpumpe und Wechselschläuche). Und dann noch allerhand für die Ernährung während des Wettkampfs: Gels, Salztabletten und isotonische Getränke. Marie und ich hattIMG_20190624_135803_1en beide wenig Motivation noch viel mehr Geld in dieses ganze Unterfangen zu investieren (Der Startplatz war schon teuer genug gewesen!), also versuchten wir bei der weiteren notwendigen Materialbeschaffung möglichst kostengünstig zu fahren. Ein richtig geiler Tag war, als wir eines Sonntags auf einem Stand am Mauerpark-Flohmarkt einen Neoprenanzug und einen Zeitfahrhelm hängen sahen. Marie benötigte noch einen Neo und verliebte sich auch augenblicklich in den Helm. So kamen wir mit den Verkäufern ins Gespräch – natürlich auch Triathleten. Der Anzug war der alte, aussortierte des Mannes. Also der kurz aufgestanden, neben Marie gestellt, Körpermaße per Augenmaß abgeglichen und Schwupps, hatten wir Neo und Helm in der Tasche. Für 30€ 🙂

Für mich war klar, dass ich meine erste Langdistanz auf jeden Fall mit meinem Rennrad Lars absolvieren will, dass ich mir vor ca. 4 Jahren für wenig Geld second-hand in Belgien gekauft habe. Wir zwei verstehen uns seit jeher prächtig und bis auf diverse Platten hat er mich noch nie im Stich gelassen. Ich saß noch nieIMG_20190723_145752-01 auf einem aerodynamischen Triathlonrad – und weiß daher auch gar nicht, auf welchen Bonus ich mitunter verzichtet habe.
Ein wenig mulmig wurde mir erst noch zumute, als mir eine Woche vorm Wettkampf  auf meiner letzten langen Radausfahrt eine Speiche vom Vorderrad herausfiel und ich die letzten 100Km mit schleifender „8“ im Vorderrad zu Ende radeln musste.

Mit der Radpanne so kurz vorm Ostseeman, stieg dann auch noch die Nervosität um einiges. Nun begann ich mir nicht nur Sorgen darum zu machen, dass „Ich“ den Wettkampf schaffen würde. Sondern ich realisierte, wie sehr der Wettkampf auch davon abhängig sein würde, dass mein „Material“ – in erster Linie Lars – mitmachte. Ich wusste, dass mein Rad nicht vom neusten Baujahr war, beim Radeln immer mal hier und dort etwas knackte und dass mir auch der Mitarbeiter vom Radladen empfohlen hatte, den „Antrieb“ einmal komplett auszuwechseln…  Aber – ich bin ja Optimist. Letztendlich wurde mir klar, dass mich nicht mal das schlackernde Vorderrad vom Beenden meiner Radtour abgehalten hatte und mich auf meinen vielen, vielen Trainingsradkilometern eigentlich noch nie eine größere Katastrophe ereilt hatte. Also: warum dann ausgerechnet beim Wettkampf?

Richtig heiß wurde es dann für Märi und mich in der letzten Woche vorm Wettkampf. Tapering stand auf dem Programm. Wenigstens die letzte Woche mal keinen Alkohol mehr trinken (was einfach fast ein Ding der Unmöglichkeit ist, wenn’s draußen Sommer ist). Und dann die Frage: Was ziehen wir eigentlich an? Märi und mir fielen noch eine Menge anderer Wichtiger (!) Fragen ein. Wie zum Beispiel: Reicht es eigentlich, wenn wir obenrum nur einen Sport-BH beim Wettkampf tragen? (Ja, es reicht.) Oder: Dürfen wir eigentlich Musik hören beim Laufen? (Beim Triathlon ist es im Gegensatz zum Marathon recht wichtig, sich mit solchen Fragen auseinanderzusetzen, da man sonst schnell auch mal disqualifiziert werden kann. Und dann war’s das mit den 350€ Startgeld…) Mit diesen Fragen haben wir dann den Racedirector Timo belästigt, der uns geduldig auf alles antwortete. Mit der Musik ist es übrigens besonders spannend: Via Kopfhörer ist es verboten – das würde nämlich nur dir einen Vorteil gegenüber der anderen Teilnehmern verschaffen. Aber: wenn du mit einer Musikbox hörst, ist das hinfällig und somit erlaubt. Märi hat also ihre Eltern im Vorfeld mit Handy und Musikbox augestattet, um dies bei Bedarf von ihnen abholen zu können.

Race Weekend

Mein Cousin Martin kam mich Freitagnachmittag in Berlin einsammeln und gemeinsam ging die Reise los nach Glücksburg. Hier mal noch eine kleine eingeschobene Ode an Martin, dem eigentlichen Helden des Ostseemans. Er hatte mir – gleichIMG_20190802_200108 nachdem fest stand, dass ich auch wirklich die Langdistanz durchziehe – verkündet, dass er als mein Streckensupport mitkommt! Was auch bedeutete, dass er sich für den Montag extra einen Tag frei genommen hat. Und so haben wir das ganze Wochenende zusammen erlebt. Mit im Gepäck hatte er das 8 Personenzelt seines Vaters, in dem wir uns im Stehen umziehen konnten. Glamping!

Freitagabend kamen wir spät an und haben uns zu den anderen Campern auf die Wiese am Yachthafen gesellt. Eine tolle Organisation. Nur so 200-300 Meter vom Wettkampfgelände entfernt und direkt am Meer. Und außerdem ringsherum viele andere aufgeregte Menschen, mit denen wir uns auch noch austauschen konnten.
Samstag wurde es dann offiziell. Startnummer abholen, Wechselbeutel packen, Rad einchecken, Wettkampfbesprechung und zwischendurch noch der kleine Schock: Was? Ich habe mich mit meinem eigenen Mika-Zeitnahme-Chip angemeldet? Den hätte ich mitbringen müssen? Den hab ich jetzt gar nicht dabei… Aber alles halb so wild. Ich wurde einfach fix auf einen Leihchip umgemeldet. Beim Rad-Check In bekam ich dann auch noch den tollen Spruch zu hören: „Ach, das war dann also nicht nur IMG_20190803_125316das Rad, mit dem du dich warm gefahren hast?!“ Nicht ganz ungerechtfertigt. Die Wechselzone um mich herum war hauptsächlich geschmückt von Triathlonrädern, eins teurer als das nächste… Martin hat die Zeit unterdessen genutzt, um einmal die Radstrecke abzuradeln und die Laufstrecke abzulaufen. Richtig Super, so ein persönlicher Coach! So konnte er mir gleich berichten, welche Stellen knifflig sind, wo fiese Kurven warten, wo es bergauf geht und wo es sich lohnt, aus der Abfahrt etwas Tempo mitzunehmen. Sein erster Kommentar war auf jeden Fall so etwas wie: “ Puuh. Die Strecke ist gar nicht mal so leicht. Und ziemlich wellig.“ Unsere Nachbarn auf dem Campingplatz waren auch eher erstaunt, dass ich die Radrunde gar nicht mal persönlich vorher abgefahren bin. Auf die Idee war ich aber – auch aufgrund der eher kurzfristigen Anreise – gar nicht gekommen.
Zuguterletzt sind Martin und ich dann auch noch kurz in die Ostsee gesprungen, ohne Neo, nur um mal kurz anzutesten. Ich war schon vorgewarnt wurden: quallig und salzig! Der kurze Warm Up Swim hat mich dann aber echt beruhigt. Viel weniger salzig als ich befürchtet hatte und die Quallen würde ich am nächsten Tag im Neo auch nicht mehr am ganzen Körper spüren.

Märi kam am Samstagnachmittag irgendwann an, gemeinsam mit ihren Eltern. Ich hab sie noch begleitet beim Check-In und spätestens als wir dann draußen auf dem Steg standen, schlug die Aufregung endlich in Vorfreude um. Endlich war es weit! IMG_20190803_173016Das Training hatte ein Ende. Wir hatten es gesund und fit bis hierher geschafft. Und wr würden morgen zeigen können, was in uns steckte.
Den Abend vorm Wettkampf haben wir leider nicht mehr zusammen verbracht. Märi musste nochmal nach Flensburg fahren, um sich Sushi als Wettkampfverpflegung zu kaufen. Was muss, das muss!
Martin und ich haben uns erst Pasta gegönnt und dann noch herausgefunden, dass unsere Nachbarn die Vertreter vom „reboots“-Stand der Ostseeman-Messe waren. Somit hatten wir am AbenIMG_20190803_200052d dann beide noch die Gelegenheit, bei einer 30minütigen Lymphdrainage-Luftknetmassage für die Beine, nochmal richtig abzuschalten und zur Ruhe zu kommen. Vorm Schlafen noch ein letztes Selfie an meine Familie: „Letztes Lächeln aus dem Norden!“ am Hafen mit Sonnenuntergang und Möwenrauschen. Zu dem Zeitpunkt war ich schon ruhig und ganz bei mir. Ich wusste: „Ich bin fit und ich hab gut trainiert.“ Ich war ready für den morgigen Tag.

 

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the Day

Nach einer eher bescheidenen und kurzen Nacht – in der Jugendherberge neben der Camping-Wiese haben eine Horde Jugendliche noch in einen Geburtstag reingefeiert -klingelte um 5 der Wecker. Um 7 Uhr war Start. (Was? Man soll schon 3h vorm Wettkampf frühstücken? Mir egal. Ich schlaf lieber ein Stündchen länger.) Es gab Schokomüsli mit Banane und natürlich Kaffee. Und dann durfte ich endlich ins Raceoutfit schlüpfen: Sport-BH und Trisuit – wir durften heute viele Stunden miteinander verbringen.IMG-20190805-WA0002-01
Es wurde dann doch noch etwas trubelig. Fix noch die Flaschen mit Gels und Wasser befüllt, Neo, Startnummern-Tattoos auf die Arme geklatscht, Schwimmbrille und Badekappe geschnappt und los! Marie wartete am Bootshaus auf uns und gemeinsam ging’s die Promenade runter zum Start. Es war ein wunderschöner Morgen. Die See lag ruhig zu unseren Füßen und am Horizont zeigte sich die erste Morgenröte. Nur noch schnell die Flaschen am Rad befestigt und dann in den Neoprenanzug gequält. Ein letztes Gel zehn Minuten vorm Start und schon standen wir im Startbereich. Wir hüpften beide kurz in Wasser, um den Neo nasszumachen und ein paar Kraulzüge zu schwimmen. Wieder an Land gab’s noch das obligatorische Starterfoto – es wurde doch etwas kalt, so nass in der kühlen Morgenluft. Zum Glück hatten wir einander, um uns noch etwas warm zu kuscheln.

Und dann – punkt 7 Uhr – ertönte der Startschuss. Um uns herum setzte sich alles in Bewegung. 200 Einzelstarter der Langdistanz mit roten Badekappen und nochmal ca. 100 Starter mit gelben Badekappen, die für Staffeln über die Langdistanz an den Start gingen. Ich weiß mein Schwimmen realistisch als eher mittelmäßig einzuschätzen und ließ mir etwas Zeit, bis ich im Wasser war, um dem ganz schlimmen Gedränge an der Spitze zu entgehen. Marie sah ich aber derweil weiter vorne mit Delfinsprüngen ins Wasser spurten.
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Endlich im Wasser zu sein und damit endlich den Wettkampf gestartet zu haben, auf den ich so lange hingefiebert hatte, war ein super Gefühl. Die Luft war frisch und leicht golden von der aufgehenden Sonne, es roch nach Meerwasser und es wehte nur eine ganz leichte Brise. Die See war frisch und ich war dankbar, meinen Neo zu haben. Wir mussten zweimal eine 1,9 Km lange Runde schwimmen, erst ein Stück auf die See hinaus, dann nach Nordosten parallel zum Ufer, dann wieder ein Stück in Richtung Ufer und schließlich am Ufer entlang zurück. Am tollsten war der Moment, als wir nach wenigen Metern den Steg hinter uns ließen und so weit aus dem „Uferschatten“ herausgeschwommen waren, dass uns die Morgensonne in gleisendes Licht hüllte. Magisch! Ich hatte schnell ein angenehmes Tempo gefunden und war umringt von Leuten, die ähnlich schnell bzw. langsam schwammen wie ich. Auf dem ersten Teil der Runde gegen Osten sah ich kaum etwas, da uns die Morgensonne frech ins Gesicht lachte. Blinzelnd versuchte ich jeweils die nächste Boje und die Schwimmer vor mir zu erkennen. Das kurze Teilstück zurück zum Ufer war besonders quallenreich, aber auch bald überstanden. 20 Minuten nach uns starteten die Einzelstarter und Staffeln über die halbe Distanz in blauen Badekappen.
Nach Absolvieren der ersten Runde schielte ich kurz auf meine Uhr: diese sagte ~39Minuten. Perfekt! Ich war genau auf Kurs zu meiner angestrebten Zielzeit von 1h 20min. Euphorisch startete ich meine zweite Runde. Die zog sich am Ende aber doch noch etwas in die Länge. Mittlerweile waren eine kleine Brise und ein leichter Wellengang aufgekommen und auf den letzten Metern überkam mich ein kleiner Anflug von Seekrankheit. So war ich dann auch heilfroh, endlich aus dem Wasser zu dürfen.IMG-20190804-WA0012
Die Stimmung bei Ankunft am Strand war phänomenal. Überall jubelnde Menschen. Ich hatte ein paar blaue Badekappen eingeholt und rings um mich herum waren auch überall ein paar gelbe Badekappen (=Staffelstarter) – das war auch ein sehr gutes Gefühl. Am Ufer warteten ein paar helfende Hände auf uns, die uns beim Aufstehen und beim Öffnen des Neoprenanzuges halfen. Kurz darauf hörte und erspähte ich auch schon unsere Support-Crew (Martin und Maries Eltern), die mir zu meiner super Schwimmzeit gratulierten. Ich war happy und spurtete in die Wechselzone. Mein erster Blick schweifte nach rechts, wo Märis Rad Jörn stand. Beziehungsweise „hätte stehen müssen“, denn dort war nur ein gähnend leerer Fleck – Märi musste beim Schwimmen ihren Turbo gezündet haben und war schon auf und davon auf ihrem Hengst!

Der Wechsel verlief smooth: aus dem Neo rausquälen, Füße abtrocknen, Socken an, Radschuhe an, Helm auf, Brille auf, Reservegels in die Taschen stopfen, ein Gel sofort essen, StartnummernbaIMG-20190804-WA0013nd um und ab aufs Rad. Auf diesen Moment hatte ich mich im Vorfeld schon gefreut: dass da mein Lars im Wechsel auf mich warten und wir von nun an die nächsten 6h gemeinsam verbringen würden. Aus der Wechselzone raus stand schon wieder Martin parat, der mir noch ein paar Anfeuerungsrufe mit auf den Weg gab. Und ab die Post! 180Km Rad (6 x 30km) warteten auf mich.

Die erste Runde war zum Kennenlernen der Strecke. Mir war etwas fröstelig und ich wollte mich schnell auf Temperaturen bringen. Ziemlich schnell verstand ich, dass Martin über die Radstrecke keine falschen Versprechungen gemacht hatte. Ständig ging es einen kleinen Hügel bergauf oder bergab oder um scharfe Kurven, bei denen man aus dem Triathlonlenker raus musste. Dennoch waren die ersten Kilometer fantastisch. Ich hab im Laufe der vielen Trainingsausfahrten solche Freude am Rennradeln gewonnen, dass ich es genoss, endlich wieder auf dem Rad sitzen, in die Pedalen treten und das Tempo unterm Popo spüren zu können. Die Radrunde war voll mit anderen Teilnehmern und mit jubelnden Menschen am Straßenrand. Aber leider lagen am Straßenrand auch einige Räder im Graben von verunfallten Triathleten und im Nachhinein hörte ich, dass es wohl relativ viele Unfälle gab…!
Ein entscheidender Faktor, der die Raddisziplin so angenehm machte, war Martin. Er stand da plötzlich an einer Kurve mit dem „Go Märi und Go Lisa!!“ ScIMG-20190804-WA0020hild in der Hand, machte Fotos und feuerte uns an. Und kurze Zeit später stand Martin schon wieder an der Strecke! Und nach nur wenigen Kilometern auf dem Rad sah ich schon wieder aus der Ferne sein „Hipp Hipp Hurra“-Shirt aufblitzen. Wie machte er das nur, an gefühlt jeder Ecke zu stehen? Martin war definitiv die Motivation in Person! Er gab mir ständig Zwischenstände über Märi und mich durch, schickte an meine Family Fotos und Berichte über meine aktuelle Lage und leitete ihre Motivationsrufe wiederum an mich weiter. Für anfeuerwütige Fans ist die Radstrecke beim Ostseeman wirklich ein Traum. Durch die kurze Runde von 30km ist es den Fanclub-Anhängern möglich, mehrmals pro Runde an verschiedenen Orten die Leidenden zu sehen und anzufeuern. Auch Märis Eltern standen in Glücksburg an der Strecke und haben uns jede Runde betrötet und bejubelt und mit uns mitgefiebert.
Da ich im Mittelfeld aus dem Wasser gekommen war, hatte ich genügend Leute vor mir, die ich einholen und überholen konnte. Nach ca. 2/3 einer jeden Radrunde gab es einen ca. 3km langen Abschnitt, den man hin und zurück fuhr. Kurz nachdem ich auf diesen Abschnitt eingebogen war, kam mir Märi entgegengeschossen. Da war sie also! Und so wusste ich auch, dass sie etwa 10 Minuten vor mir war. Sie war wirklich geflogen beim Schwimmen!

Am Ende jeder Runde ging es einmal durch Glücksburg und dort den kurzen aber steilen „Sandwig Hill“ nach oben. Trotz der Qual war das einer der coolsten Abschnitte, weil mich dort jedes Mal die motivierenden Kommentare vom Moderator und der Applaus der grölenden Menschenmenge nach oben trugen. Und dort überfuhren wir auch jedes Mal die Zeitmatte, was mir das Gefühl gab: Oooh, jetzt bekommen meine Supporter da draußen wieder eine SMS von mir geschickt.
Auf der 2. und 3. Runde lief alles super. Mein Fokus lag darauf, weiter Tempo zu machen, ohne mich dabei völlig zu verausgaben. Meine Rundenzeiten waren alle unter 60min, das hieß, ich fuhr schneller als die geplanten 30km/h. Die Ernährungsstrategie lief auch wie geplant. Ca. 200ml aus der Gelflasche pro Runde und der Rest an Flüssigkeit mit Wasser und Isogetränken an den Versorgungsstationen.
In der 4. Runde kam der erste Einbruch – insbesondere mental. Plötzlich war die Strecke leer (die Halbdistanzler hatten uns nun verlassen) und plötzlich kam es mir auch viel windiger vor. Tatsächlich hatten wir echt Glück mit dem Wetter und es wehte nur ein schwacher Wind. Aber nach 100km auf dem Sattel fühlt man dann irgendwann jedes Lüftchen. Den Rückstand auf Märi knabberte ich nachundnach ein wenig ab, aber viel holte ich nicht auf. Ich weiß noch, wie ich mich in dem Moment daran erinnerte, dass mir Märi im Vorfeld die Cut-Off Zeiten geschickt hatte, mit dem Kommentar, sie würde es niemals schaffen, rechtzeitig vor der Rad-Cut-Off-Zeit in der Wechselzone zu sein. Sie wäre im Training ja immer nur so 20-25 km/h gefahren. So ein Pustekuchen und so eine überaus tiefstapelnde Märi! Hätte ich die Energie für meinen Zuspruch und das Gutzureden doch mal lieber besser investiert. Aber Schwamm drüber! Vor allem freute ich mich, dass es für uns beide so überragend lief.20x30-OMTC4581 - Kopie
Auf der vorletzten Runde versuchte ich mich nochmal etwas zu pushen und das Tempo hochzuhalten. Aber ich merkte schon, wie meine Kräfte schwanden und die Berge immer mehr wehtaten. Aber dann ging’s auch endlich auf die letzte Runde! Meine Strategie für diese war, etwas das Tempo zu drosseln, auf eine höhere Trittfrequenz zu achten und mich langsam auf den bevorstehenden Marathon einzustellen. An die Gedanken der letzten Runde kann ich mich noch sehr gut erinnern. Da war diese Sentimentalität. Ich war unglaublich dankbar dafür, dass ich das Radfahren heil überstanden hatte und mir keine Panne widerfahren war. Schon allein dieser Gedanke trieb mir Pipi in die Augen. Aber dann war da noch diese Erschöpfung. Ich war so KO! Ich dachte daran, wie ich mich im Wechselbereich einfach auf die saftig grüne Wiese legen und dort für immer liegenbleiben würde. Wie um Himmels willen sollte ich jetzt noch einen Marathon laufen???

Doch kaum war ich im Wechsel, ging alles ziemlich schnell. Beutel geschnappt! In die Laufschuhe geschlüpft. Sonnenbrillen getauscht. Helm gegen Visor getauscht. Und ab! Dann nach 50m gemerkt, dass ich alle meine Gels im Beutel vergessen hab. Also schnell wieder zurück und das Mädel suchen, dass meinen Beutel weggeräumt hat. Die hab ich zum Glück auch schnell gefunden. Also nochmal den gesamten Beutel ausgekippt, Gels rausgekramt und endlich los zur Laufstrecke! 5 Runden à 8,5km warteten auf mich.

Mit Gels ging’s dann los an die Promenade, wo die Laufstrecke begann. Schon nach 500m sah ich Märis orangenen Sport-BH am Horizont aufblitzen. Da war sie endlich 🙂 Ich freute mich schon auf den Arschklatscher, den ich ihr gleich verpassen können würde. btfDie ersten Meter in den Laufschuhen waren einfach nur verrückt. Von meinen Schmerzen und meiner Erschöpfung, die mich auf den letzten Radkilometern geplagt hatten, war nichts mehr zu spüren. Ich fühlte mich locker, leicht und freute mich, endlich bei meiner Lieblingsdisziplin angekommen zu sein. Auch jetzt überkam mich wieder eine kleine sentimentale Welle, weil ich nun zum ersten Mal wusste, dass ich den Ironman auf jeden Fall finishen würde. Das Material hatte seinen Teil erfüllt. Jetzt lag es „nur“ noch an mir, alles zu geben. Märi überholte ich so bei Kilometer 4. Arschklatscher platziert und kurz darüber ausgetauscht, wie es uns ging. Bei Märi war alles topp! Von den bei ihr bekannten Hüftschmerzen war nichts zu merken und die Beine wollten noch. Genial!

Die Laufstrecke war insgesamt weniger spektakulär. Es ging zum Teil an der Uferpromenade entlang und zum Teil durch Glücksburg. Vereinzelt standen ein paar Menschen, die etwas Party machten, in einem Wohnviertel saß eine kleine Musikergruppe, die jedes Mal beim Vorbeilaufen ein kurzes Ständchen anstimmt; es ging einige Hügelchen bergauf und sonst gab es doch auch viele einsame Abschnitte.
Die erste Runde lief grandios. Ich lief viel schneller als erwartet und die Beine fühlten sich echt gut an. Am Ende der ersten Runde merkte ich jedoch, dass sich ein Grummeln in meinem Bauch breit machte und ich vielleicht lieber einen Dixi-Stop einlegen sollte. Doch das gestaltete sich aber gar nicht so einfach. Die im Zielbereich aufgestellten Dixis hatte ich links liegen gelassen und danach wusste keiner mehr, wo ich noch eins finden könnte. Die, die ich fragte, rieten mir durchweg doch einfach in die Büsche zu gehen. Da ich aber nicht so recht wusste, was mich erwartete, lief ich weiter, auf der Suche nach einem WC. Meine Rettung war letztendlich eine zuvorkommende ältere Dame, die in einer kleinen Wohnsiedlung in ihrem Vorgarten saß und die ich fragte, ob sie ein Gäste-WC habe, dass ich benutzen dürfte. „Na klar! Gleich da vorne links!“ Perfekt. In einem wunderschönen sauberen kleinen Bad durfte ich einen Boxenstopp einlegen und erfreulich bemerken, dass ich immerhin keinen Durchfall hatte.
Leider wurden die Bauchkrämpfe auch nach dem Stop nicht wirklich besser. Mein Bauch blähte sich gefühlt immer mehr auf, das Grummeln nahmen zu und die Trisuit begann am Bauch zu kneifen. Zum Glück hatten wir im Vorfeld herausgefunden, dass das Laufen „nur im Sport-BH“ ja erlaubt war, also zog ich die Suit zur Hälfte aus und krempelte sie bis zur Hüfte herunter, um meinem Bauch Entfaltungsmöglichkeiten zu geben.

Und so gings dann weiter. Hier fällt es mir etwas schwer, im Nachhinein zu rekapitulieren, was ich wann gedacht habe. Das Laufen war doch eher zäh. Absolutes Highlight war jedes Mal der Abschnitt entlang der Prombtfenade, wo die meisten Zuschauer warteten und anfeuerten. Aber die Strecken durchs Dörfchen wurden immer mühseliger und die Anstiege begannen wehzutun.
Auf Martin war die ganze Zeit Verlass! Auch beim Laufen stand er noch mindestens zweimal pro Runde am Streckenrand und freute sich mit mir über das, was da passierte. Nagut, eigentlich freute er sich vor allem und ich litt leise vor mich hin. Beim La12ufen war es besonders schön, dass Martin immer ein paar Meter mit mir mitlaufen konnte und ich so etwas Unterhaltung hatte. So erfuhr ich auch, dass es Marie nachwievor super ging und sie beim Laufen gut durchkam. Und er konnte mir ein paar der Nachrichten vorlesen, die meine Family beim virtuellen Anfeuern in den Gruppenchat geschickt hatte. Ich weiß noch, wie ich mich darum sorgte, disqualifiziert zu werden, weil Martin neben mir her lief. Und dass ich mich fragte, ob Martin an dem Tag eigentlich auch schon mal was gegessen hatte. 🙂

Nachdem ich die erste Runde noch recht flott gelaufen war, brach ich schon ziemlich schnell auf der zweiten Runde (bedingt durch die Bauchkrämpfe) ein und lief von da an deutlich langsamer. Ich schaute den Rest der Strecke eigentlich gar nicht mehr auf die Uhr. Ich hatte Angst vor Krämpfen in den Beinen und wollte nicht zu viel drücken. Erst dann so auf der vorletzten Runde schielte ich mal auf die Uhr und versuchte mir auszurechnen, welche Marathon-Endzeit bei rauskommen könnte. Die Gesamtzeit des Ironmans hatte ich zu dem Zeitpunkt gar nicht mehr auf dem Schirm. Ich war in etwa auf 4h-Marathon-Kurs, wenn ich es schaffte noch etwas schneller zu werden. Ich traute mich aber erst beim letzten Kilometer bergab das Tempo wieder zu erhöhen. Dafür war der letzte Kilometer dann aber ein einfacher Hochgenuss. Ich hatte die vier Rundenbänder an den Armen und auf der Promenade saßen noch einige Zuschauer, die uns in Empfang nahmen. Für die Zuschauer war es etwas schwierig, auf den ersten Blick zu erkennen, welcher Läufer sich auf seiner letzten Runde befand und welcher sich noch öfter über die Runde quälen durfte. Ich denke, mir merkten es einige dann doch an, dass ich mich „auf dem Zielsprint“ befand. Nicht, weil ich besonders viel schneller lief, sondern weil ich einfach über beide Ohren grinste! Wie unglaublich!! Wie viele Stunden waren mittlerweile seit dem Morgen um 7 Uhr vergangen… So fühlte es sich also an, einen Ironman zu absolvieren. Gar nicht so übel!
Das Einbiegen auf den roten Teppich war trotz allem eine pure Erlösung. Kurz vorher hatte ich noch auf der Uhr gesehen, dass ich den 4h Marathon verpassen würde, also ließ ich die letzten Meter nur noch austrudeln und genoss die letzten Schritte Richtung Ziel. Ich überquerte die Ziellinie nach 11h 15min und der Kommentator verkündete, dass ich als 5. Frau das Ziel erreichte. What the hell! Und Martin stand da – mindestens genauso erschöpft wie ich – um mich als erster in Empfang zu nehmen und mir das gebürtige Finisher-Bier zu überreichen. Im Ziel wartete ich noch auf Märi, die auch nur kurze Zeit später freudestrahlend die Arme nach oben riss.

Super happy. Darüber, dass wir beide unsere erste Langdistanz gemeistert hatten und darüber, dass wir das tolle Erlebnis zusammen erleben durften.

Die ersten Stunden „danach“ verliefen entspannt. Martin und Märis Eltern kümmerten sich um alles wesentliche: Finisher Shirts und Wechselbeutel abholen und das Bier nicht ausgehen lassen. Märi und ich pellten uns etwas steif aus den Klamotten, bedienten uns am Finisher-Buffett und tauschten uns über unsere Erlebnisse aus. Ziemlich schnell stellten wir beide fest: Hey, uns geht’s eigentlich immer noch verdammt gut! Und wo sind eigentlich die sagenumwobenen Krämpfe und Krafteinbrüche geblieben? Nach einer kurzen Dusche kümmerten wir uns noch darum, dass vor allem Martin endlich mal was zu Essen bekam. Ich las am Handy die vielen Nachrichten meiner Freunde und im Familienchat und konnte das Rennen so aus der Sicht der anderen nochmal Revue passieren lassen. Es war ein tolles Gefühl, zu sehen, wie viele mit mir mitgefiebert hatten!
21 Uhr trafen wir uns wieder, um den Zielschluss mit anzuschauen, als die letzten Läufer in Empfang genommen wurden, am Strand ein Feuerwerk nach oben ging und wir im Anschluss alle zur Siegerehrung trudelten.

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End of story: Es wird wohl eher nicht meine letzte und einzige Langdistanz gewesen sein. Aber ganz besonders kann ich es kaum abwarten, Martin endlich bei seinem ersten Ironman zu begleiten und zu supporten! Here we go Martin 🙂

One Week of Thailand

Die ersten Tage in einem neuen Land sind meist die aufregendsten und intensivsten. Alles ist neu und erscheint -durch die deutsche Brille betrachtet- oft auch etwas merkwürdig.  Aber alles was so anders ist, ist das Tolle am Reisen und wofür ich es mache. Hier ein paar Dinge, die wir in der ersten Woche Thailand gelernt haben:
1) Hier in Thailand ist es ganz schön warm. Nachdem ich vor gut fünfzehn Jahren schon einmal schlechte Erfahrungen mit dem tropischen Klima in Malaysia machen musste, ging ich mit etwas Respekt in diese Reise. Bei unserer Ankunft schwirrte in meinem Kopf der in meiner Familie häufig gebrauchte Satz herum: „Kann hier bitte mal jemand die Heizung ausmachen!“  Nach einer guten Nacht Schlaf sieht die Welt aber schon wieder ganz anders aus.
2) Thais mögen es sauber! In jedem Flughafen, Restaurant oder Guesthouse gibt es jemanden, der ständig am fegen und wienern ist. Die meisten Fußböden sind aus Fliesen und blinken um die Wette. Selbst die U-Bahn wird am Endbahnhof einmal gereinigt, bevor die neuen Passagiere einsteigen dürfen. Uuund….
3) … an der U-Bahn wird sich zum einsteigen in Reihen angestellt. Kein Drängeln! Gekuschelt werden darf dann erst drinnen 😉
4) Die Bäder sind – tja – anders. Ohne Toilettenpapier, dafür mit Brause. Aber auch ohne Seife am Waschbecken. Die Duschbrause hängt meist oberhalb der Toilette, ohne separate Duschkabine. Vielleicht finde ich in den nächsten Tagen noch heraus, wie man korrekt auf Toilette geht.
5) 95% der Thais sind buddhistisch (Wikipedia). Tempel, goldene Spitzen und Mönche gibt es an jeder zweiten Straßenecke. Wenn wir morgens loszogen, um uns zwei Tempel anzuschauen, hatten wir abends meist eher zwanzig gesehen. Ein jeder beeindruckt durch seinen Glanz, das Gold und die zahlreichen Buddhas.
6) Es ist nicht überall Blaubeere drin, wo Blaubeere draufsteht.
7) In die Tempel und vor Buddha geht’s nur ohne Schuhe. Kein Problem – die Fußböden sind ja sauber. Der Rest muss aber bekleidet sein. Und nicht mit deinen Zehenspitzen auf Buddha zeigen, geschweige denn vor ihm kuscheln.
8) Essen gibt’s für 1-2€ am günstigsten und am leckersten auf der Straße. Lustig ist, wenn man in einem Restaurant dann doch mal 4-5€ zahlen muss. Dann erwisch ich mich schon mal bei dem Gedanken: „Boah ist das teuer!“
9) Das Leben hier scheint aus meiner Perspektive so viel simpler als unser deutsches Leben. In den urbanen und dörflichen Gegenden leben viele Thais in kleinen 1-2 Zimmer Wohnungen. Viele spezialisieren sich auf eine kleine Nische: zum Beispiel auf den Verkauf von einzelnen Autoteilen, Muttern oder Dachbedeckungsaluteilen.
10) Hier wird kaum Alkohol getrunken. Eigentlich nur von Touristen.
11) Wie man sein Jet Lag überwindet: mit einer Fußmassage. Massagen gibt’s in allen touristischen Gegenden und darüber hinaus. Sie sind ein Traum. Die klassische Thai Massage, bei der Rücken, Beine und Kopf durchgeknetet werden, ist mehr „überstehen“ als genießen – aber so gut. Am Folgetag hatte ich Muskelkater im Rücken.
12) Das Lichterfest Loy Krathong war das erste große Highlight unseres Urlaubs und würde ich jedem empfehlen. Dabei lassen alle Menschen auf der Straße Lampions in den Himmel steigen. Die gabs in Deutschland auch mal, wurden aber, glaube ich, aus sicherheitstechnischen Gründen wieder verboten. Alkohol ist auf der Straße nicht erlaubt. Die Stimmung war somit wunderbar. Alle waren freundlich, halfen sich gegenseitig, wenn dochmal ein brennender Lampion wieder abstürzte und feierten gemeinsam. Keine Super von Aggression.
13) Ein Lächeln hilft immer weiter.
14) Hier wird viel und zu fast jeder Mahlzeit Fleisch gegessen. Auf der Straße findet man eher selten etwas vegetarisches. Auch interessant: es wird so viel vom Tier wie möglich verspeist. Die Haut wird frittiert, die Eingeweide unter die Suppe gemischt.
15) Die Sprache nicht sprechen zu können, ist doof. Am ersten Tag konnte ich nicht mal Danke sagen. Toll ist, dass die Verständigung aber immer irgendwie klappt – Hände und Füße inklusive.

 

ready, set, go!

Hundemüde von der gestrigen Katzenparty, schmerzende Schultern von den letzten Impfungen, das halbe Gepäck voller Medikamente, GoPro im Rucksack und schon im Zug zum Flug. Pünktlich zum Eintreffen des Schmuddelwetters also: nichts wie weg hier! Nach einem Monat voller Schufterei endlich auch mal wieder die Seele baumeln lassen. Warum man dafür um die halbe Welt reisen muss, bleibt natürlich fraglich, aber diese Gene wurden mir ja in die Wiege gelegt. 🙂